Es geht auch ohne „Mann“: je wärmer, desto öfter! Ein MINT-Schüler der achten Klasse liefert spektakuläre Untersuchungsergebnisse
Neben den beiden Preisen erhielt er zusätzlich ein Stipendium für ein Seminar am Deutschen Museum in München sowie ein Unterstützungsangebot der Johannes-Gutenberg Universität, um seine Studien fortzusetzen.
Beeindruckt waren die Jury-Mitglieder vor allem von der Fundiertheit der Untersuchungsergebnisse, der exzellenten Fachkompetenz des jungen Schülers und der besonders strukturierten Auswertung des bisher kaum untersuchten Themas. In und um Perl, Nittel, Dudelingen, Freudenburg, Arnaville, Merzig, Igel und Mantenach war Alexander Franzen mit seinem Schmetterlingsnetz unterwegs und zählte in Gebieten von 800 Quadratmetern bis zwei Hektar die Gottesanbeterinnen. Dabei stellte er fest, dass es mehr Weibchen als Männchen gibt und entdeckte bei seinen Recherchen außerdem, dass sich die Gottesanbeterin trotzdem in den letzten zwei Jahrzehnten rund 100 Kilometer ausgebreitet hat.
Warum schadete der „Frauenüberschuss“ der von der Bundesartenschutz-Verordnung als schutzwürdig angesehenen einzigen in Mitteleuropa vorkommenden Vertreterin der Ordnung der Fangschrecken (Mantodea) nicht? Mit einer Sondergenehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord durfte Alexander Franzen ein Weibchen einfangen, und – siehe da: Sie legte in seinem Terrarium drei Kokons. Gottesanbeterinnen sind also zur Parthenogenese fähig. Dabei hat die ungeschlechtliche Fortpflanzung zusätzlich den Vorteil, dass die Weibchen flugfähig bleiben, weil – anders, als bei von Männchen befruchteten Exemplaren – ihr Hinterleib nach der Eiablage wieder abschwillt.
In einem zweiten Experiment befasste sich Alexander Franzen mit der Frage, wie sich die Populationsdichte des für seinen Kannibalismus bekannten Insekts auf die Flügellänge auswirkt. Normalerweise reicht eine Flügellänge der aus Afrika über Frankreich „eingewanderten“ Gottesanbeterin bis zum Hinterleib. Die untersuchten Spezies hatten jedoch zirka eineinhalb Zentimeter längere Flügel. Alexander Franzens Erklärung: Die zunehmend warmen Temperaturen lockten die Gottesanbeterinnen zunächst nach Mitteleuropa, führten aber in der Folge auch zu einer geringeren Sterberate und mehr überlebenden weiblichen Gottesanbeterinnen, zumal diese ihre Männchen beim Geschlechtsakt schon mal auffressen. Die längeren Flügel entwickeln sich also stressbedingt durch die steigende Konkurrenz um Nahrung. Es zeigt sich: Der Klimawandel führt nicht nur zu einer „Völkerwanderung“, sondern auch zu auffälligen physischen Veränderungen – sicherlich mit weiteren, noch unbekannten Folgen.