Ein Interview mit Stefan Gemmel
1. Wollten Sie schon immer Autor werden?
-> Gar nicht. In meiner Kindheit wurde kaum bei uns zuhause gelesen, unseren Eltern war es wichtig , dass wir viel Sport trieben. Erst als mich in der Schule eine Deutschlehrerin aktiv darauf aufmerksam gemacht hat, habe ich angefangen zu schreiben. Als Junge wollte ich immer ein Astronaut werden.
2. Was hat Sie zu Ihrem Buch inspiriert und basieren die Charaktere auf realen Personen?
-> Meistens erhalte ich die Inspiration aus meinem Alltag, meinen realen Erlebnissen und Dingen, die sich mir eingeprägt haben. Bei meinen Charakteren ist es etwas anders. Sie basieren nicht direkt auf realen Personen, aber es gibt ein paar Grundzüge von einigen Bekannten von mir in meinen Charakteren. Auch über deren bestimmte Probleme schreibe ich zum Teil, allerdings ist zu beachten, dass ich niemals 1:1 diese Merkmale von realen Personen und Situationen abbilden würde.
3. Warum haben Sie sich dazu entschieden, Fantasy für Kinder und Jugendliche zu schreiben und nicht für Erwachsene?
-> Es hat sich einfach gesteigert: Zuerst habe ich ein Bilderbuch entwickelt, dann mehrere Kinderbücher, bis ich dann angefangen habe, auch Bücher für Jugendliche zu schreiben. Keinesfalls beschränke ich mich allerdings nur auf Fantasy, vielleicht kennt ihr dieses eine Buch von mir, dies gehört z.B. in die Kategorie Reality.
4. Wie/Woher sammeln Sie Ihre Hintergrundinformationen?
-> Meine erste Anlegestelle, wie bei den meisten Leuten, ist Wikipedia. Bestimmt wisst ihr auch, dass dieses nicht zu 100% zuverlässig ist, weswegen ich danach auch immer in die Bibliothek gehe, um die Daten und Fakten zu überprüfen. Für bestimmtes Fachwissen treffe ich mich auch gerne mal mit einigen Professoren von verschiedenen Unis, die freuen sich immer, wenn man bei Ihnen anruft. Es kommt allerdings auch vor, dass ich für mich selber einen Eindruck gewinnen will und an die Orte reise, wo meine Geschichten sich abspielen. Z.B. habe ich für 1 Jahr lang Patienten zu ihren Therapiesitzungen begleitet und teilgenommen, als ich an meinem Reality-Buch geschrieben habe.
5. Fangen Sie zuerst an, die Geschichte ohne Hintergrundinformationen zu schreiben, oder recherchieren Sie zuerst?
-> In der Regel kommt für mich immer zuerst das Recherchieren. Ohne Hintergrund kannst du nicht einfach drauf los schreiben, du musst immer wieder stoppen und dieses und jenes nachzuschlagen, und das kann einem ziemlich auf den Geist gehen. Z.B.bei meinem Buch ,,Schattengreifer" habe ich ohne Recherche angefangen zu schreiben, und schon nach kurzer Zeit bekam ich Probleme. Wie ist der Boden beschaffen? Aus welchem Material bestand die Straße? Oder gab es nur Landwehr in dieser Region? Deswegen rate ich, immer zuerst nachzuschlagen, sonst kann man sich stundenlang abrackern.
6. Was haben Sie gemacht, bevor sie Autor wurden, und wie und warum haben sie angefangen zu schreiben?
-> Ich habe eine Ausbildung zum Elektriker gemacht, unter gewissen Umständen war diese Zeit nicht sehr angenehm für mich. Um mich abzuregen, habe ich dann immer zu Hause angefangen, Horrorgeschichten zu schreiben, zuerst nur für meine Frau, auf Anraten eines Freundes dann auch für den Volksfreund. Somit habe ich dann auch damit begonnen regelmäßig zu schreiben, und es hat sich dann bald so eingependelt, dass ich bald nur noch vom Schreiben leben konnte.
7.Was für Tipps würden Sie Nachwuchsautoren geben?
-> Achtet mehr auf eure Umgebung, Alltagsdialoge und Diskussionen, bestimmte Eindrücke, oder einfach bestimmte Dinge, z.B. Sätze, die euch nicht mehr aus dem Kopf gehen. Schreibt diese auf und bewahrt sie dann, sie könnten euch später noch von großem Nutzen sein. Auch vergesst die Autoren-Regel Nr.1 nicht: Die ersten Ideen sind niemals perfekt.
8.Was soll Ihr Buch vermitteln?
-> Na ja, eigentlich alles das, was allgemein im Vordergrund steht: Das Zusammensein und der Zusammenhalt, Akzeptanz untereinander und das Miteinander unterschiedlicher Menschen.
9.Wie sind Sie dazu gekommen, ,,Sichelmond" zu schreiben?
Das ist eine komische Geschichte gewesen: Mein Manager rief mich eines Tages an und fragte mich, ob ich denn nicht ein Buch schreiben könnte, ein anderer Autor würde bis zur festgelegten Zeit nicht mehr fertig werden und es wäre für mich eine gute Gelegenheit. Warum nicht?, habe ich gesagt. Wann ist der Abgabetermin? In 10 Wochen mit 400 Seiten hat er mir mitgeteilt. Ihr könnt sicher verstehen, was das für ein Stress werden sollte! Dabei machte das Schreiben des Buches nicht einmal den Großteil der Arbeitszeit aus. Es musste natürlich erst von Verlagsmitarbeitern gelesen werden, bewertet, umgeändert und dann kamen noch die Illustrationen für das Cover des Buches! Dabei nicht mitgezählt die Recherche und das Design der Charaktere.
Zum Zeitpunkt der ersten Entwürfe hieß das Buch noch ,,Mondläufer". Da damals im Verlag noch niemand mein Buch gelesen hatte, entwarfen sie das Cover nach dem Titel: Eine Stadt im Hintergrund mit einem Vollmond und drei Leuten die vorbeigingen. Das passte gar nicht zum Buch: ,,Was soll der Vollmond?", habe ich gefragt, in meinem Buch kommt dieser noch nicht einmal vor! Ich habe damals absichtlich keinen Vollmond genommen, weil man sonst wieder an die üblichen Klischees von übernatürlichen Wesen denken würde, ala Werwölfe, Feen etc. .Deswegen habe ich mich diesmal entschieden, den Neumond in den Vordergrund zu stellen, und statt Fantasy Mystery zu schreiben.
Jetzt werden sich ein paar Leute bestimmt fragen, was der Unterschied ist: Während bei Fantasy alles Unmögliche wahr werden und jede noch so unwirkliche Wendung eintreten kann, hält sich Mystery zum großen Teil an die Realität, wenn auch zum kleinen Teil etwas Übernatürliches vorkommen kann.
Zu den Charakteren: Den Namen Rouven habe ich ausgewählt, weil er eine Ähnlichkeit hat mit Rabe. Ein Rabe kam auch in einem meiner ersten Kinderbücher vor, weswegen dieser Name schlussendlich auch den Plot vorgab. Ich bin selber Schlafwandler und habe somit mit diesem Thema auch selber Erfahrung und wollte auch darüber schreiben.
Die Symbole des neuen Covers sind auch relativ leicht zu erklären:
-Neumond: Wie vorhin schon erwähnt, um das Klischee, das mit dem Vollmond auftritt, zu vermeiden.
-Vogelkralle:Nach Rouven bzw. Rabe
-Buchstaben: Diese waren im Affekt dazu gekommen und vorher nicht geplant gewesen.
Allerdings gab es auch auf diesem Cover einen Fehler, der daraufhin bei den Lesern als der Sichelmond-Effekt bekannt wurde, eine ziemlich peinliche Angelegenheit, da dieser Fehler zu einer Lachnummer wurde.
Auch bei Sichelmond habe ich angefangen ohne Vorbereitung zu schreiben: Eines der schwersten Problem ergab dann Rouvens Wohnort. Wo sollte jemand wohnen, der keine Erinnerung mehr hat?
Die Idee kam mir dann, als ich aus dem Fenster meines Hauses blickte und das stillgelegte Wasserwerk vor unserer Haustür sah. Das ist zum Beispiel einer der Einflüsse aus dem realen Leben auf das Buch.
Alle meine Figuren und den Verlauf des Plottes bereite ich vor dem Schreiben genauestens in Stichworten vor, somit schreibt sich die Geschichte fast schon von selber und ich kann oft gar nicht mehr aufhören zu schreiben, sobald ich angefangen habe.
Der Name Tabitha ist dabei an Tabitha King angelehnt, der Frau von Stephen King. Dieser ist nämlich im Gegensatz zu mir der Meinung, dass man den Plot einer Geschichte niemals vorbereiten sollte, denn dann würde sich der Autor selbst ja nicht mehr überraschen können.
Es sollte meiner Meinung nach jedem seine Sache bleiben, wie er schreibt, die einen können es eben auf die eine Weise besser, die anderen auch die andere.
Das war das Interview mit Stefan Gemmel. Vielleicht interessiert ihr euch noch für unser Quiz: Dabei könnt ihr ein signiertes Exemplar von ,,Sichelmond" gewinnen. Dafür müsst ihr nur den Fehler auf der Erstversion des Covers entdecken.
(Katharina Bales, 10a)